In der heutigen Arbeitswelt ist das Thema Selbstorganisation in Unternehmen mehr als nur ein Trend. Immer mehr Führungskräfte erkennen, dass es nicht reicht, Prozesse zu optimieren oder Mitarbeitende zu motivieren. Es braucht etwas Grundsätzlicheres: Eine Arbeitsweise, die auf Vertrauen, Klarheit und Eigenverantwortung setzt. Genau hier beginnt Selbstorganisation.
Und wozu? Damit Unternehmen in einer sich schneller verändernden Welt wettbewerbsfähig bleiben.
In diesem Artikel erfahren Sie, was Selbstorganisation in Unternehmen konkret bedeutet, worauf es wirklich ankommt und wie Sie als Führungskraft die Voraussetzungen dafür schaffen. Mit klaren Prinzipien, praktischen Impulsen und Anregungen für den nächsten Schritt.
Falls Sie gezielt auf bestimmte Abschnitte geführt werden möchten, einfach hier im Inhaltsverzeichnis klicken:
Wie muss eine Organisation aufgestellt sein, damit selbststeuernde Teams wirksam arbeiten können?
Wer oder was steuert ein selbstorganisiertes Team?
Wozu mehr Selbstorganisation in hierarchischen Organisationen?
Der Informationsfluss innerhalb selbstorganisierter Unternehmen
Die Organisationsstruktur von selbstorgansierten Organisationen
Selbstorganisation im Unternehmen aus der Sicht von Führungskräften
Selbstorganisation braucht Haltung und Struktur
Organisationsentwicklung ja bitte – aber nur noch co-kreativ
Was bedeutet Selbstorganisation in Unternehmen?
Selbstorganisation beschreibt eine Arbeitsweise, bei der Teams selbständig Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen und ihre Prozesse gestalten.
Um Gottes Willen, da entsteht doch reines Chaos, oder!?
Nein, es geht weder darum Chaos zu erzeugen noch Beliebigkeit. Im Gegenteil: Selbstorganisation braucht Struktur, Transparenz und ein gemeinsames Verständnis davon, wer wofür Verantwortung trägt. Daher ist die Erarbeitung klarer Ziele und Leitplanken ein zentraler Punkt in der Selbstorganisation.
In diesem Zusammenhang sind zwei wesentliche Fragen immer die gleichen:
- Was kann die jeweilige qualifizierte Fachkraft alleine besser und vielleicht schneller entscheiden?
- Wie können sich Teams intern und untereinander ohne Vorgesetzte abstimmen, weil Vorgesetzte nicht immer greifbar sind und nicht in jedem Detail als Fachkraft agieren können?
Dort, wo Selbstorganisation gelebt wird, entstehen flache Hierarchien, ein hohes Maß an Transparenz und eine Kultur, die auf Vertrauen statt Kontrolle baut. Mitarbeitende entwickeln mehr Eigenverantwortung, treffen Entscheidungen nah am Geschehen und fühlen sich stärker eingebunden.
Warum Selbstorganisation mehr ist als ein agiler Trend

Viele Unternehmen bezeichnen sich als agil. Doch Agilität ohne Selbstorganisation bleibt oft bloße Reaktionsgeschwindigkeit. Echte Selbstorganisation fördert nicht nur Anpassungsfähigkeit, sondern verändert die Art der Zusammenarbeit grundlegend.
Sie steigert die Handlungsfähigkeit, weil Entscheidungen dort getroffen werden, wo das Wissen sitzt. Sie fördert die Entwicklung eines gemeinsamen Mindsets, das auf Offenheit, Dialog und kontinuierlichem Lernen basiert. Und sie erhöht die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen, weil Menschen Verantwortung fürs Ganze übernehmen.
Zugleich zeigt sich: Selbstorganisation kann nicht verordnet werden. Sie entsteht, wenn Mitarbeitende spüren, dass ihre Perspektive zählt. Wenn sie Gestaltungsspielräume erleben, anstatt bloß zu reagieren. Und wenn die Strukturen so gestaltet sind, dass echte Mitverantwortung möglich wird.
Wie muss eine Organisation aufgestellt sein, damit selbststeuernde Teams wirksam arbeiten können?
Es braucht einen Rahmen, der Orientierung gibt und zugleich Spielraum ermöglicht.
Ausführungsautonomie:
Zum einen geht es um eine gemeinsame Aufgabe, die über das einzelne Team hinausreicht. Alle ziehen in eine Richtung. Die Teams gestalten ihre Abläufe selbst und übernehmen Verantwortung für das Ergebnis.
Aufgabenvollständigkeit:
Zum anderen braucht es Gestaltungsspielraum. Teams setzen sich ihre Ziele im Einklang mit dem Gesamtbild. Sie planen ihre Arbeit eigenständig, wählen passende Mittel, erhalten Feedback und können aus dem Ergebnis lernen. Das fördert Entwicklung im Team und in der Organisation.
Planungsautonomie:
Damit echte Selbstorganisation möglich wird, braucht es einen gewissen Freiraum. Die Anbindung nach außen darf nicht zu eng sein. Sonst wird jedes Vorhaben zur Dauerbaustelle, weil ständig etwas dazwischenkommt.
Gleichzeitig braucht das Team verlässliche Daten und eine gewisse Planbarkeit. Wenn sich Rahmenbedingungen ständig ändern oder Informationen unklar sind, wird es schwierig, gute Entscheidungen zu treffen.
Kurz gesagt: Teams brauchen genug Luft, um vorauszudenken und stabile Grundlagen, um dabei nicht ständig ausgebremst zu werden.
Hohe Transparenz:
Damit Teams wirklich eigenständig planen und gleichzeitig im Sinne der gesamten Organisation mitdenken können, braucht es vor allem eins: Transparenz.
Wer in seinem Team Entscheidungen trifft, sollte nicht im eigenen Saft kochen. Sondern wissen, wie die eigenen Aufgaben mit anderen Bereichen zusammenhängen. Welche Ziele sich gegenseitig beeinflussen. Welche Prozesse ineinandergreifen.
Nur wenn dieser Blick über den Tellerrand möglich ist, entsteht gute Selbstorganisation.
Zugehörigkeit:
Der Austausch einzelner Personen nach außen sollte überschaubar bleiben. Wer mehr Zeit außerhalb als im Team verbringt, wird kaum ein echtes Wir-Gefühl oder Verantwortungsbewusstsein für die Gruppe entwickeln. Nur wenn diese Verbundenheit da ist, haben gemeinsame Regelungen – etwa bei Krankheit oder Urlaub – auch wirklich Bestand und Verbindlichkeit.
Teamgröße:
Die Teamgröße ergibt sich aus dem, was zu tun ist und wie viele Prozessschritte das Team abbildet. Im Idealfall kann die Arbeit für eine gewisse Zeit auch mit einer Person weniger laufen.
Teams mit nur drei bis fünf Personen geraten bei Urlaub oder Krankheit schnell an ihre Grenzen.
Sieben ist oft eine gute Zahl. Da klappt Abstimmung noch direkt.
Je mehr Menschen dazukommen, desto mehr Zeit fließt in Kommunikation.
Ab etwa 13 entstehen Grüppchen innerhalb des Teams und das kann bremsen.
Qualifikationen im Team:
Wie ein Team zusammengesetzt ist, hängt davon ab, was die Aufgabe verlangt: fachlich, methodisch und menschlich. Die Teammitglieder sollten sich ergänzen und auf Augenhöhe erleben.
Wenn Unterschiede zu groß sind und nicht alle alles mitgestalten können, entstehen oft Untergruppen. Dann braucht es entweder gezielte Entwicklung oder klare Aufgaben innerhalb dieser Gruppen.
Damit Zusammenarbeit gelingt, braucht es neben Können auch soziale Fähigkeiten. So wächst Vertrauen und ein echtes Wir. Mehr zum Thema „optimale Teamaufstellung“ finden Sie in diesem Beitrag.
Wer oder was steuert ein selbstorganisiertes Team?

Damit Ziele innerhalb eines Teams gut erreicht werden können, braucht es eine klare Absprache über Verantwortlichkeiten, Prozesse und Instrumente zur Steuerung.
Wer übernimmt was?
Was kann ich gut? Was brauchst du von mir? Wer springt ein, wenn jemand ausfällt?
Teams klären, wer was übernimmt – auf Basis von Fähigkeiten und Interessen. Damit Vertretung möglich ist, braucht es gegenseitiges Anlernen, gezielte Entwicklung und eine smarte Arbeitsorganisation, in der Rollen sich auch mal erweitern oder abwechseln.
Was hat Vorrang?
Was zuerst? Was später?
Ein gemeinsames Planungstool – meist digital – hilft dabei, den Überblick zu behalten. Tägliche oder regelmäßige Kurzbesprechungen sorgen dafür, dass alle am selben Stand sind und sich schnell abstimmen können.
Wer arbeitet wann?
Damit alle gut planen können, braucht es einen abgestimmten Einsatzplan. Urlaube, Abwesenheiten und Vertretungen werden im Team besprochen. Dabei gilt: klar regeln, offen kommunizieren und flexibel denken.
Wer arbeitet wo?
Nicht alles funktioniert gleich gut im Homeoffice. Teams besprechen gemeinsam: Welche Aufgaben brauchen Präsenz? Wie viel mobiles Arbeiten passt zu uns? Was heißt das für Desk Sharing und Raumverteilung? Wichtig sind auch klare Absprachen zu Meetings – ob vor Ort, hybrid oder digital.
Woran erkennen wir, ob wir gut sind?
Erfolg wird sichtbar, wenn wir hinschauen. Teams brauchen ein paar aussagekräftige Kennzahlen – digital oder analog. Wichtig ist: Sie müssen verständlich sein und zur Reflexion einladen. Kurze Feedbackgespräche im Alltag, regelmäßige Reviews oder Retros helfen dabei, dran zu bleiben und gemeinsam besser zu werden.
Wozu mehr Selbstorganisation in hierarchischen Organisationen?
Selbstorganisation entsteht dort, wo Teams Verantwortung übernehmen für Entscheidungen, für Abläufe, für Ergebnisse. Und zwar direkt dort, wo das Tagesgeschäft stattfindet: in den Kernprozessen und auf den jeweiligen Organisationsebenen.
Wichtig zu verstehen: In großen Organisationen ist es nicht realistisch, dass alle überall mitreden. Doch auf Teamebene funktioniert das sehr wohl. Hier können Entscheidungen im Konsens getroffen werden. Besonders dann, wenn Menschen mit unterschiedlichen Blickwinkeln und Kompetenzen zusammenkommen.
Gerade bei komplexen Aufgaben sind interdisziplinäre Teams oft besser aufgestellt als Einzelentscheider. Sie bringen mehr Perspektiven ein, reflektieren genauer und bewegen sich gemeinsam von Entscheidung zu Entscheidung.
Damit das gelingt, braucht es Klarheit:
- Welche Entscheidungen können Teams eigenständig treffen?
- Welche Themen gehören in ein Leitungsgremium oder in Subteams?
- Wer trägt welche Teilverantwortung?
- Und: Wo entstehen mögliche Spannungen, zum Beispiel durch Mehrfachzugehörigkeiten oder unklare Delegation?
Selbstorganisation heißt nicht, dass alle alles entscheiden. Aber sie heißt: Die nötigen Informationen sind transparent und verfügbar. Nur so können Teams fundierte Entscheidungen treffen.
Damit dabei nicht jeder in eine andere Richtung läuft, braucht es ein gemeinsames Leitbild. Eine Antwort auf die Fragen:
- Warum gibt es uns als Organisation?
- Was wollen wir gemeinsam bewirken?
„Purpose is not a marketing slogan.
It´s a company´s north star.“
Ranjay Gulati

Gerade in gewachsenen Strukturen ist dieser Daseinszweck oft verblasst oder nur noch auf dem Papier präsent. Dann lohnt es sich, ihn gemeinsam neu zu schärfen, mit der Führung oder auch im größeren Beteiligungsprozess.
Denn in einer selbstorganisierten Organisation ist es nicht die Hierarchie, die führt sondern der Sinn. Und der gibt allen Orientierung.
Der Informationsfluss innerhalb selbstorganisierter Unternehmen

Ein Punkt, der oft unterschätzt wird und für die Geschäftsführung besonders wichtig ist, ist die Frage, wie Informationen in einer selbstorganisierten Struktur fließen.
In klassischen Organisationen übernimmt diese Aufgabe häufig das Mittelmanagement. Es filtert Informationen, übersetzt Entscheidungen, bewahrt den Überblick und schützt – bewusst oder unbewusst – beide Seiten: die Mitarbeitenden vor Überforderung, die Führung vor Reputationsverlust.
In selbstorganisierte Unternehmen übernehmen diese Rolle oft Teamvertreterinnen und Teamvertreter. Sie sitzen in übergeordneten Gremien, stimmen sich ab, bündeln Perspektiven und sorgen dafür, dass Entscheidungen im Sinne des Ganzen getroffen werden können.
Was dafür entscheidend ist:
Diese Rolle braucht Klarheit. Zeit. Und Vertrauen. Sie ist mehr als eine Schnittstelle. Sie ist Verbindung. Zwischen Teams. Zwischen Ebenen. Zwischen Alltag und Strategie.
So entsteht ein System, in dem Teams nicht nur selbst steuern. Sondern auch gut eingebunden sind.
Die Organisationsstruktur von selbstorganisierten Organisationen
Der Aufbau einer selbstorganisierten Organisation sieht auf den ersten Blick oft gar nicht so anders aus als in klassischen Strukturen. Es gibt nach wie vor verschiedene Ebenen – von der operativen Umsetzung bis zur strategischen Führung.
Der Unterschied liegt nicht im Organigramm, sondern im Miteinander: Die Geschäftsführung gibt den Rahmen vor – also klare Leitplanken, innerhalb derer sich die Teams eigenverantwortlich organisieren und gestalten können.
Dazu gehört auch eine wichtige Grundhaltung:
Die strategische Ebene mischt sich nicht in das operative Tagesgeschäft ein. Und umgekehrt stellen die Teams nicht die Notwendigkeit übergeordneter Entscheidungen infrage. Stattdessen gibt es Räume für echte Beteiligung: operative Mitarbeitende wirken über Teamvertreter:innen an strategischen Themen mit oder treffen Entscheidungen dort, wo sie Verantwortung tragen.
Es geht nicht mehr um starre Top-Down-Vorgaben oder langwierige Mehrheitsentscheide, die selten die besten Lösungen hervorbringen. Sondern um gute, durchdachte Entscheidungen – dort, wo das Wissen sitzt.
Ein gutes Bild dafür ist der Aufbau in Kreisen:
Am äußeren Rand sitzen die Teams, die nah am Markt arbeiten und den Kundennutzen schaffen. Sie brauchen Freiraum, um schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Weiter innen liegen die unterstützenden Organisationseinheiten, die dafür sorgen, dass Prozesse rundlaufen. Ganz im Zentrum befindet sich die strategische Steuerung der Organisation – die Instanz, die das große Ganze im Blick behält.

Damit das Zusammenspiel gelingt, braucht es zwei Dinge: Flexibilität in der Leistungserbringung. Und stabile Unterstützung aus dem Inneren. Nur so kann Selbstorganisation auch in einem dynamischen Marktumfeld funktionieren – ohne Chaos, aber mit klarem Kurs.
Die Vorteile selbstorganisierter Strukturen
Selbstorganisation ist die bisher beste Antwort auf die täglichen Herausforderungen der heutigen, komplexen Wirtschaftswelt.
1. Höhere Effizienz:
Wenn Menschen in Teams lernen, kompetenzbasierte Entscheidungen selbst zu treffen statt darauf warten zu müssen, bis sie von der Spitze des Unternehmens getroffen wurden, werden die Entscheidungsprozesse kürzer, Verantwortlichkeiten klarer. Teams handeln schneller und zielgerichteter.
2. Mehr Innovationskraft:
Mitarbeiter sind Spezialisten ihres Gebietes. Erhalten Sie Raum diesen mitzugestalten, ihre Perspektiven einzubringen, lassen sich neue Ideen fast nicht vermeiden. Denn sie entstehen immer dort, wo Herausforderungen auftauchen. Sei es in Bezug auf Kundenanforderungen oder auf interne Strukturen oder Prozesse.
3. Attraktivität als Arbeitgeber steigt:
Eigenverantwortlich einen Beitrag zur Erreichung der Unternehmensvision leisten zu dürfen erzeugt ein Gefühl von sinnstiftender Arbeit. Das fördert das Engagement sowie das Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen.
4. Gesteigerte Kundenorientierung:
Selbstorganisierte Teams können direkter auf Kundenbedürfnisse reagieren, weil sie Entscheidungsbefugnisse haben und nicht auf Freigaben warten müssen.
5. Robustheit in komplexen Zeiten:
Wenn sich nicht nur wenige sondern viele immer wieder fragen: „Was läuft gut? Was braucht Veränderung?“, und auch darüber hinaus viele mitdenken, trägt sich das Unternehmen stabiler durch Veränderungen und Unsicherheit.
6. Entwicklung aus dem Inneren heraus:
Statt sich an äußeren Konzepten zu orientieren, lernen Teams, eigene Lösungen zu finden, angepasst an ihre Realität und Bedürfnisse. Diese innere Entwicklungsfähigkeit ist ein entscheidender Zukunftsfaktor.
7. Mehr Zeit für Führungskräfte:
Während sich das Team um das operative Geschäft kümmert, erhalten Führungskräfte Freiräume sich auf die Strategie und Kollaborationen zu fokussieren.
Selbstorganisation im Unternehmen aus der Sicht von Führungskräften
In klassisch geführten Unternehmen bremsen Führungskräfte oft unbeabsichtigt Entscheidungen aus. Sie stemmen zu viel selbst, fühlen sich überfordert und halten an ihrem Bereich fest, um den Überblick zu behalten.

Damit Selbstorganisation wirklich greifen kann, braucht es ein anderes Führungsverständnis. Weg von „Ich muss alles wissen und entscheiden“ – hin zu „Ich schaffe Raum, damit andere entscheiden können“.
Das gelingt nur, wenn Vertrauen wachsen darf. Auch dort, wo bisher Kontrolle das Maß der Dinge war.
Führungskräfte verschwinden nicht aus dem System, sie wirken anders. Sie begleiten, fragen, fördern, statt alles selbst zu regeln.
Damit das gelingt, brauchen sie Zeit. Und Menschen, die sie auf diesem Weg stärken und befähigen.
Schauen wir auf die aktuelle Führungslage:
Viele Führungskräfte in mittelständischen Unternehmen erleben gerade einen Spagat:
Sie stehen mitten im Geschehen, sollen operativ liefern und gleichzeitig strategisch führen. Kein Wunder, dass sie oft zum Flaschenhals werden, wenn es um Entscheidungen geht. Probleme landen bei ihnen auf dem Tisch. Entscheidungen dauern. Und der Druck steigt.
Die Folge: Überlastung. Erschöpfung. Das Gefühl, allem hinterherzurennen und nie wirklich fertig zu werden.
Hinzu kommt: In vielen Unternehmen wird noch in Silos gedacht. Jeder Bereich kämpft für sich, bemüht sich, gut dazustehen. Fehler sollen vermieden werden. Das macht Handeln schwer. Und bremst vor allem dort, wo Mitarbeitende eigentlich längst bereit wären, Verantwortung zu übernehmen.
Vielleicht liegt der Kern gar nicht im „falschen Führungsstil“, sondern in der Gewohnheit. Viele Führungskräfte sind es gewohnt, tief in der Operative mitzuwirken. Sie lösen Probleme, treffen Entscheidungen, packen an. Und das fühlt sich gut an. Produktiv. Wirksam. Wertgeschätzt.
Wie ein Kunde einmal sagte:
„Ein guter Tag ist, wenn ich viele Probleme gelöst und konkrete Ergebnisse geliefert habe.“
Nur: Genau das hält sie oft davon ab, sich dem zu widmen, was heute eigentlich gebraucht wird: Orientierung, Entwicklung, Vertrauen ins Team.
Gleichzeitig erwarten viele Mitarbeitende, dass ihre Führungskraft alles regelt. Sie schützt, bremst Komplexität ab, nimmt den Druck. Und das in einer Zeit, die immer schneller und unübersichtlicher wird.
Kein Wunder, dass Nähe auf der Strecke bleibt. Mitarbeitende fühlen sich oft nicht wirklich einbezogen. Das „Wir-Gefühl“ bleibt auf der Strecke.
In selbstorganisierten Strukturen wirken diese Muster wie Sand im Getriebe.
Selbstorganisation lebt davon, dass Menschen Verantwortung übernehmen können und dürfen. Dass Entscheidungen dort getroffen werden, wo das Wissen sitzt. Dass Führung nicht alles steuert, sondern ermöglicht.
Das heißt nicht, dass Führung verschwindet. Ganz im Gegenteil:
Führung bekommt ein neues Gesicht.
Weg von „Ich halte alles zusammen“ – hin zu „Ich gebe Orientierung, definiere Rahmen, unterstütze, wenn es hakt“.
Der Satz „Ohne mich läuft nichts“ darf sich wandeln zu „Mit mir läuft’s leichter aber auch ohne mich läuft’s“. Und manchmal: „Ohne mich läuft’s sogar besser.“
Führung bleibt wichtig. Aber anders. Klare Erwartungen, Prozesssicherheit, Verlässlichkeit. Das alles braucht es nach wie vor. Nur eben nicht mehr als Top-Down-Muster, sondern eingebettet in ein gemeinsames Zielbild.
In der Selbstorganisation wird Kontrolle zur Selbstkontrolle. Führung heißt dann: Vertrauen gestalten, Verantwortung ermöglichen, gemeinsam wachsen.
Grundprinzipien für die Führung in selbstorganisierten Unternehmen

„People will forget what you said,
people will forget what you did,
but people will never forget
how you made them feel.“
Maya Angelou
- Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden dabei, selbst Lösungen zu entwickeln. Stellen Sie gute Fragen statt vorschnell Antworten zu geben.
- Setzen Sie klare Leitplanken. Geben Sie Orientierung für Inhalte und Vorgehen. Und dann: lassen Sie Raum.
- Machen Sie deutlich, wo Entscheidungsspielräume liegen. Nur wer weiß, was er entscheiden darf, übernimmt Verantwortung.
- Achten Sie auf die Einhaltung von Prozessvereinbarungen. Fragen Sie nach: Wen haben Sie dazu einbezogen? Gab es Gelegenheit zur Reflexion?
- Fordern Sie Feedback aktiv ein. Sprechen Sie Fehler offen an: ehrlich und auf Augenhöhe.
- Geben Sie fachliche Verantwortung ab. Sie müssen nicht in jedem Thema die Expertin oder der Experte sein.
- Verzichten Sie bewusst auf Detailfragen, die Vertrauen schwächen und Eigenverantwortung untergraben.
Selbstorganisation braucht Haltung und Struktur
Die Einführung von Selbstorganisation ist kein Tool, das man einfach implementiert. Es ist ein Entwicklungsprozess für Organisationen, für Teams, für jede einzelne Führungskraft.
Im Zentrum steht dabei eine prozessorientierte Gestaltung der Organisation. Konkret heißt das:
Teams und Einheiten sollen so aufgestellt sein, dass sie möglichst eigenverantwortlich und flexibel arbeiten können. Mit Blick auf das Ganze.
Die Kundinnen und Kunden stehen dabei im Mittelpunkt. Ihr Nutzen zählt und wir sind gewissermaßen ihre Anwältinnen und Anwälte.
Entscheidend ist auch: Teams arbeiten entlang von Prozessen zusammen, nicht entlang von Zuständigkeiten. Es geht darum, Funktionen sinnvoll zu verbinden statt sie starr zu trennen.
Gleichzeitig richtet sich der Blick nach vorn: Welche Aufgaben kommen auf uns zu? Welche Entwicklungschancen wollen wir nutzen?
Dafür braucht es Mitarbeitende, die mitdenken, mitgestalten und sich einbringen dürfen.
Und es braucht den Willen, Prozesse laufend zu hinterfragen. Was können wir einfacher machen? Sicherer? Schneller?
Dabei gilt: Nicht jedes Team muss für sich optimieren, entscheidend ist, dass das Gesamtsystem gut funktioniert.
Organisationsentwicklung ja bitte – aber nur noch co-kreativ
Wenn Sie Verantwortung neu denken, Entscheidungsbefugnisse verlagern und Steuerung anders gestalten möchten, hilft ein klares Verständnis davon, was sich verändern soll. Was dabei fördert oder bremst.
Der Schlüssel liegt in Co-Creation: Führungskräfte und Mitarbeitende blicken gemeinsam auf bisherige Muster. Sie fragen sich: Wie haben wir bisher gedacht, entschieden, zusammengearbeitet? Was davon trägt uns in die Zukunft, was nicht mehr?
Im Mittelpunkt stehen zentrale Fragen:
- Wie kommunizieren wir?
- Wie treffen wir Entscheidungen?
- Wie gehen wir mit Konflikten um?
- Wie gelingt Zusammenarbeit?
Veränderung beginnt idealerweise dort, wo die Richtung vorgegeben wird: auf Leitungsebene. Mit einer einfachen, aber entscheidenden Frage:
Welches Problem wollen wir lösen und welchen Mehrwert schaffen wir damit für die Organisation?
Auf dieser Basis entsteht ein gemeinsames Verständnis von Selbstorganisation. Und der Rahmen für einen ersten konkreten Schritt: einen Pilotbereich mit einem Team, das bereit ist, Neues zu wagen.
Dieses Team wird begleitet. Es bekommt die Zeit und das Wissen, das es braucht. Lernen findet statt im Tun, im Austausch, im Reflektieren.
Am Ende stehen Erkenntnisse. Und der Mut, weitere Bereiche mitzunehmen.
Erfolge werden sichtbar gemacht und gewürdigt und zwar schon auf dem Weg, nicht erst am Ziel.
Was dabei hilft: ein langer Atem. Und eine gute Begleitung, die Klarheit schafft, dranhält und unterstützt, auf Augenhöhe.
So wächst Veränderung. Von innen heraus. Schritt für Schritt. Zusammen.
Haben Sie bisher gelesen, beweist das bereits: Sie haben einen langen Atem.

„Selbstorganisation ist kein Ziel.
Sie ist der Weg, wie Menschen
füreinander
Zukunft gestalten.“
Michaela Schmelzer
Vielleicht möchten Sie folgende Fragen noch auf sich wirken lassen:
- Was dürfen wir (ver)lernen? Welche Veränderung in unserem Denken, Verhalten und Entscheiden sind notwendig?
- Wie müssten wir unser Führungsverhalten ändern in einer Welt mit mehr Selbstorganisation?
- Wo in der Organisation ist der Handlungsbedarf am größten? Wo sollen wir beginnen?
Ich bin gespannt auf Ihre Antworten. Lassen Sie uns gerne ein kostenloses Erstgespräch führen, um herauszufinden, ob und für welchen Bereich Selbstorganisation in Ihrem Unternehmen passt. Hier geht’s zum Kontakt.
Bücher und mehr…
Bormann, H-W., Benfer, M., Bormann, G. – Change durch Co-Creation
Pfläging, N., Hermann, S. – Zellstrukturdesign
Osthus, T. – Chefsache Empowerment
Laloux, F. Reinventing Organizations